Zusammenfassung des Urteils KV-Z 2017/10: Versicherungsgericht
Die Klägerin, die Oberstufenschulgemeinde A., verlangte Krankentaggelder für B., der als Lehrperson arbeitete und wegen einer psychischen Krankheit arbeitsunfähig war. Die Sympany Versicherungen AG lehnte die Zahlungen ab, da sie ab April 2014 keine Arbeitsunfähigkeit mehr sah. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die Klage ab, da ab April 2014 keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen wurde. Die Richterinnen Miriam Lendfers, Joachim Huber und Michaela Machleidt Lehmann entschieden, dass keine Gerichtskosten erhoben werden. Die Klägerin wurde durch Rechtsanwältin Nathalie Glaus vertreten. Die Beklagte war die Sympany Versicherungen AG.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | KV-Z 2017/10 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | KV - Krankenversicherung |
Datum: | 24.06.2019 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | EntscheidGeltendmachung von Taggeldleistungen obliegt der versicherten Person. |
Schlagwörter: | Verfahren; Quot; Versicherung; Beweis; Arbeitsplatz; Arbeitsunfähigkeit; Parteien; Sympany; Tatsache; Klage; Arbeitsplatzkonflikt; Versicherungsgericht; Kranken; Person; Taggeld; Gericht; Tatsachen; Bericht; Anspruch; Konflikt; Versicherungsgerichts; Stellung; Beurteilung; Urteil; Hinweis; Bestreitung; Gesundheit; Oberstufenschulgemeinde; Sachverhalt |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 157 ZPO ;Art. 197 ZPO ;Art. 219 ZPO ;Art. 247 ZPO ;Art. 73 VVG ;Art. 87 VVG ; |
Referenz BGE: | 107 II 236; 125 III 238; 125 V 351; 130 III 107; 130 III 325; 137 III 47; 138 III 2; 138 III 564; 141 III 241; 141 III 437; |
Kommentar: | - |
Entscheid vom 24. Juni 2019
Besetzung
Versicherungsrichterin Miriam Lendfers (Vorsitz), Versicherungsrichter Joachim Huber und Versicherungsrichterin Michaela Machleidt Lehmann; Gerichtsschreiber Philipp Geertsen
Geschäftsnr. KV-Z 2017/10
Parteien Oberstufenschulgemeinde A. , Klägerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Nathalie Glaus, MLaw, Glaus & Partner, Obergasse 28, Postfach 133, 8730 Uznach,
gegen
Sympany Versicherungen AG, Peter Merian-Weg 4, 4002 Basel,
Beklagte,
Gegenstand
Krankentaggelder für B.
Sachverhalt
A.
A.a B. arbeitete seit 1. August 2006 als Oberstufenlehrperson in der Oberstufenschulgemeinde A. (act. G 9.3 im Verfahren KV-Z 2016/6) und war dadurch bei der Sympany Versicherung AG (nachfolgend Sympany) krankentaggeldversichert. Die Oberstufenschulgemeinde A. zeigte der Sympany am
13. Januar 2014 an, dass der Versicherte seit 6. Januar 2014 krankheitsbedingt arbeitsunfähig sei (act. G 9.49 im Verfahren KV-Z 2016/6). Im ärztlichen Zeugnis vom
21. Januar 2014 bescheinigte der seit gleichem Datum behandelnde Dr. med. C. , Kinder- und Jugendpsychiater FMH, dass der Versicherte seit dem 6. Januar 2014 bis auf weiteres wegen einer psychischen Krankheit zu 100% arbeitsunfähig sei (act.
G 9.51 im Verfahren KV-Z 2016/6 mit weiteren gleichlautenden ärztlichen Zeugnissen vom 14. Februar 2014 und 4. März 2014). Der behandelnde Dr. med. D. , Facharzt für Allgemeine Medizin FMH, berichtete am 22. Januar 2014, der Versicherte leide an einer depressiven Episode. Seit 6. Januar 2014 sei er 100% arbeitsunfähig. Eine andere Tätigkeit sei ihm nicht zumutbar (act. G 9.50 im Verfahren KV-Z 2016/6).
A.b Am 27. März 2014 teilte die Sympany dem Versicherten mit, sie erbringe bis längstens am 31. März 2014 auf Basis einer Arbeitsunfähigkeit von 100% Taggeldleistungen. Danach schliesse sie den Leistungsfall ab. Sollte er im April 2014 weiterhin arbeitsunfähig sein, werde um einen ausführlichen psychiatrischen Bericht gebeten (act. G 9.53 im Verfahren KV-Z 2016/6). Dr. C. berichtete der Sympany
(zum Fragekatalog der Sympany vom 11. März 2014 siehe act. G 9.52 im Verfahren KV-
Z 2016/6) am 31. März 2014, dass der Versicherte an einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10: F32.1) leide. Zunehmende destruktive, eskalierende und aufreibende Konflikte um neue Unterrichtsformen mit der Schulbehörde, einzelnen Kollegen und Eltern hätten schliesslich im Januar 2014 zu einer ausgeprägten Depression mit 100%iger Arbeitsunfähigkeit geführt (act. G 9.54 im Verfahren KV-Z 2016/6). Der Versicherte nahm am 15. April 2014 Stellung zum Schreiben der Sympany vom
27. März 2014 und machte geltend, dass er von Dr. C. für die ganzen Monate März und April 2014 voll arbeitsunfähig geschrieben worden sei (act. G 9.56 im Verfahren KV-Z 2016/6).
A.c Offenbar im Auftrag der Oberstufenschulgemeinde A. bzw. von deren
Rechtsvertreter (vgl. act. G 9.14 im Verfahren KV-Z 2016/6) wurde der Versicherte am
27. Juni 2014 von Dr. med. E. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, untersucht. Im Bericht vom 28. Juni 2014 führte dieser aus, der Versicherte leide an einem mittelgradig depressiven Zustandsbild (ICD-10: F32.11) und einer Persönlichkeit mit selbstunsicheren Anteilen (ICD-10: F60.6); er sei mit dem Druck von Seiten des Schulrates und der Eltern der Schulkinder psychisch überfordert gewesen. Dabei sei er von der Persönlichkeitsstruktur sehr sensibel und vulnerabel. Er leide an Insuffizienzgefühlen und könne mit Konflikten nicht umgehen. Zurzeit sei er aus psychiatrischer Sicht depressiv. Die Arbeitsfähigkeit betrage 0% auch für jede andere Tätigkeit. Die Grunderkrankung sei nicht arbeitsplatzbezogen. Die Belastung am Arbeitsplatz habe nur das "Fass zum Überlaufen gebracht". Ob der Versicherte die neue Anstellung ab August 2014 als "Schulleiter Stv." mit 80% bewältigen könne, sei fraglich (act. G 9.57 im Verfahren KV-Z 2016/6).
A.d Die Vertrauensärztin der Sympany, Dr. med. F. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, nahm am 19. Juli 2014 Stellung zum Bericht von Dr. E. . Dessen Einschätzung sei nicht schlüssig. Die Diagnose eines mittelgradigen depressiven Zustandsbilds sei zu hinterfragen bzw. sei mit den ungenauen Befunden nicht belegt. Für die diagnostizierte Persönlichkeitsstörung fänden sich keine Hinweise. Die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit stelle sie in Frage, da der Versicherte ja bereits wieder eine Stelle gefunden habe. Offenbar sei er genügend aktiv, motiviert und überzeugend, um ein Bewerbungsverfahren zu bestehen. Dieses Funktionsniveau schliesse eine erhebliche Depressivität aus bzw. sei ein Widerspruch. Peinlich sei die abermals
wiederholte Formulierung in der Beurteilung von Dr. E. mit dem Tropfen und dem überlaufenden Fass. Auf dessen Bericht könne nicht abgestellt werden. Die Frage, ob ein Gutachten nötig sei, sei arbiträr (act. G 9.58 im Verfahren KV-Z 2016/6). Zur vertrauensärztlichen Stellungnahme äusserte sich Dr. E. am 3. September 2014. Er hielt an seiner Beurteilung fest (act. G 1.46).
A.e Am 3. Juli 2015 teilte der Rechtsvertreter des Versicherten mit, zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Oberstufenschulgemeinde A. habe eine Lösung getroffen werden können. Darin sei u.a. die Abtretung allfälliger Ansprüche des Versicherten gegenüber der Sympany stipuliert worden. Die Abtretung werde der Sympany hiermit notifiziert (act. G 9.7 im Verfahren KV-Z 2016/6).
B.
B.a In der am 1. März 2016 erhobenen den Versicherten und zwei weitere Oberstufenlehrpersonen betreffenden Klage beantragt die Klägerin von der Beklagten unter dem Titel des vom Versicherten abgetretenen Taggeldanspruchs die Bezahlung von Fr. 37'521.10. Sie bringt im Wesentlichen vor, der Versicherte sei auch im Zeitraum vom 1. April bis 31. Juli 2014 durchgehend krankheitsbedingt zu 100% arbeitsunfähig gewesen (act. G 1 im Verfahren KV-Z 2016/6).
B.b Die Beklagte beantragt in der Klageantwort vom 11. Juli 2016 die Abweisung der
Klage; unter "o-/e-Kostenfolge". Sie vertritt den Standpunkt, dass der Versicherte ab
1. April 2014 wieder voll arbeitsfähig gewesen sei, da ab diesem Zeitpunkt kein relevanter (psychischer) Gesundheitsschaden mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit mehr vorgelegen habe (act. G 9 im Verfahren KV-Z 2016/6).
B.c Die Parteien haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zugunsten eines zweiten Schriftenwechsels verzichtet (siehe Schreiben des Versicherungsgerichts vom 13. September 2016; act. G 13 im Verfahren KV-Z 2016/6).
B.d In der Replik vom 10. Oktober 2016 hält die Klägerin unverändert an der Klage fest (act. G 14). Die Beklagte hält in der Duplik vom 14. November 2016 ihrerseits unverändert an der beantragten Klageabweisung fest (act. G 16 im Verfahren KV-
Z 2016/6).
B.e Das Versicherungsgericht teilte den Parteien am 26. Juli 2017 seinen Entschluss mit, die Klage in drei die jeweilige Oberstufenlehrperson separat betreffenden Verfahren zu behandeln. Die Klage betreffend die Krankentaggelder von B. werde unter der Verfahrensnummer KV-Z 2017/10 fortgeführt. Die Klägerin wurde ersucht, weitere Akten (die Kranken- und Behandlungsgeschichte über den Versicherten von
Dres. D. und C. ) einzureichen (act. G 20 im Verfahren KV-Z 2016/6).
Mit Eingabe vom 7. November 2017 reichte die Klägerin die Behandlungsunterlagen der Dres. D. und C. ein (act. G 1 und G 1.44 ff. im Verfahren KV-Z 2017/10). Die Beklagte stellte sich in der Eingabe vom 7. Mai 2018 auf den Standpunkt, aus den neu eingereichten Unterlagen könne die Klägerin nichts zu ihren Gunsten ableiten. Sie gehe weiterhin davon aus, dass keine psychische Krankheit, sondern ein Arbeitsplatzkonflikt vorliege (act. G 7 im Verfahren KV-Z 2017/10).
Im Schreiben vom 1. Juni 2018 bestreitet die Klägerin, dass die Krankschreibung im Zusammenhang mit einem Arbeitsplatzkonflikt erfolgt und dass B. nicht arbeitsunfähig gewesen sei. Sie beantragt die Zusprache einer Parteientschädigung von pauschal Fr. 9'500.-- (act. G 9 im Verfahren KV-Z 2017/10).
Erwägungen 1.
Gemäss Ziff. 12 der vorliegend unbestrittenermassen anwendbaren Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Beklagten zur Lohnausfallsversicherung, Ausgabe 2011 (act. G 9.5; siehe auch act. G 1.3), steht der klagenden Partei bei Streitigkeiten aus dem Versicherungsvertrag wahlweise die Anrufung des Gerichts am schweizerischen Wohnort, am schweizerischen Arbeitsort am Geschäftssitz der Beklagten offen. Die Klägerin hat das Gericht am Arbeitsort des Versicherten (Kanton St. Gallen) angerufen. Die örtliche Zuständigkeit des Versicherungsgerichts ist damit gegeben.
Das Versicherungsgericht entscheidet gemäss Art. 9 des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (EGZPO; sGS 961.2) in Verbindung mit Art. 7 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) als einzige kantonale Instanz über
Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung nach dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10). Darunter werden praxisgemäss auch Zusatzversicherungen wie die vorliegend zu beurteilende Kollektivtaggeldversicherung subsumiert, auf die das Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG; SR 221.229.1) zur Anwendung gelangt (vgl. etwa BGE 138 III 2 E. 1.1). Damit sind vorliegend auch die Voraussetzungen der sachlichen und funktionellen Zuständigkeit des Versicherungsgerichts erfüllt.
Vor der Klageanhebung beim Versicherungsgericht ist kein Schlichtungsverfahren
gemäss Art. 197 ff. ZPO durchzuführen (vgl. BGE 138 III 564 E. 4.6).
2.
Zwischen den Parteien umstritten und nachfolgend zu prüfen ist der an die Klägerin
abgetretene Taggeldanspruch des Versicherten für den Zeitraum vom 1. April bis
31. Juli 2014 (act. G 1 im Verfahren KV-Z 2016/6).
Der Versicherte hat seine Taggeldansprüche für den eingeklagten Zeitraum an die Klägerin abgetreten, was der Beklagten mit Schreiben vom 3. Juli 2015 mitgeteilt worden ist (act. G 9.7; siehe auch act. G 9.6 je im Verfahren KV-Z 2016/6). Im Privatversicherungsrecht ist die Abtretung von Ansprüchen aus Personenversicherungsverträgen zulässig (vgl. Art. 73 VVG). Die Beklagte hat die Gültigkeit der Abtretung bzw. die Aktivlegitimation zu keiner Zeit bestritten.
Klagen aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung sind gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. f ZPO ohne Rücksicht auf den Streitwert im vereinfachten Verfahren zu behandeln, wobei gemäss Art. 219 ZPO die Bestimmungen über das ordentliche Verfahren sinngmäss gelten (vgl. Christoph Leuenberger/Beatrice Uffer-Tobler, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Auflage, Bern 2016, N 11.154, N 11.157).
Art. 247 Abs. 2 ZPO sieht vor, dass das Gericht in solchen Streitigkeiten den Sachverhalt von Amtes wegen feststellt. Diese sogenannte abgeschwächte soziale Untersuchungsmaxime gebietet es dem Gericht zwar, den Sachverhalt mit eigenen Mitteln abzuklären und mit vertretbarem Aufwand zu einem hinreichend sicheren Beweisergebnis zu gelangen. Es ist dabei aber nicht an die Beweisanträge
gebunden und kann von sich aus Beweis erheben. Die Parteien werden dadurch auch nicht von der Mitwirkung an der Erhebung der Beweise und der Erstellung des Sachverhalts entbunden. Sie bleiben mitverantwortlich für die Beweisführung und haben insbesondere die Beweismittel zu benennen und beizubringen (vgl. BSK ZPO [2. Auflage] - Peter Guyan, Art. 153 N 3 ff., insbesondere N 9; Franz Hasenböhler in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], ZPO Kommentar, 2. Auflage Zürich/ Basel/Genf 2013 [nachfolgend zitiert mit ZPO Kommentar], Art. 153 N 5 ff.; Bernd Hauck in: ZPO Kommentar, Art. 247 N 33; sowie BGE 130 III 107 E. 2.2, BGE 125 III 238 f. E. 4a und BGE 107 II 236 E. 2c mit weiteren Hinweisen).
Im Zivilprozess gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 157 ZPO). Das Gericht hat bei der Bewertung der erhobenen Beweise unabhängig von abstrakten Regeln nach seiner eigenen Überzeugung darüber zu befinden, ob es eine behauptete Tatsache als wahr unwahr einstuft. Dabei bleibt es dem Gericht überlassen, die Kraft eines Beweismittels nach seiner Überzeugung festzulegen (Urteil des Versicherungsgerichts vom 10. Februar 2015, KV-Z 2013/16, E. 2.2 mit Hinweis auf Hasenböhler, ZPO Kommentar, Art. 157 N 8 f.).
Nach Art. 8 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB; SR 210) hat, wo es das Gesetz nicht anders bestimmt, derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. Demgemäss hat die Partei, die einen Anspruch geltend macht, die rechtsbegründenden Tatsachen zu beweisen, während die Beweislast für die rechtsaufhebenden bzw. rechtsvernichtenden rechtshindernden Tatsachen bei der Partei liegt, die den Untergang des Anspruchs behauptet dessen Entstehung Durchsetzbarkeit bestreitet. Der Eintritt des Versicherungsfalls ist nach diesen Grundsätzen vom Anspruchsberechtigten zu beweisen (BGE 141 III 241 E. 3.1). Da der Nachweis rechtsbegründender Tatsachen im Bereich des Versicherungsvertrags regelmässig mit Schwierigkeiten verbunden ist, geniesst die anspruchsberechtigte Person insofern eine Beweiserleichterung, als sie nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des geltend gemachten Versicherungsanspruchs darzutun hat. Beim Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist verlangt, dass die Möglichkeit, es könnte sich auch anders verhalten, zwar nicht ausgeschlossen ist, sie aber für die betreffende Tatsache weder eine massgebende Rolle spielen noch vernünftigerweise in Betracht fallen darf (Urteil
des Bundesgerichts vom 11. März 2015, 4A_516/2014, E. 4.1 mit Hinweis u.a. auf BGE 130 III 325 E. 3.3).
Dass die Versicherung zunächst Taggelder ausbezahlt hat, ändert nichts an der Beweislast der anspruchsberechtigten Person. Macht die Versicherung geltend, die Umstände hätten sich geändert die Leistungen seien von vornherein zu Unrecht erbracht worden und die versicherte Person sei (wieder) arbeitsfähig, so hat die anspruchsberechtigte Person zu beweisen, dass sie (weiterhin) arbeitsunfähig ist und daher Anspruch auf Taggelder hat. Im Fall der Beweislosigkeit trägt mithin nicht die Versicherung, sondern die anspruchsberechtigte Person die Beweislast (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 17. August 2015, 4A_246/2015, E. 2.2 mit Hinweis).
2.5.1 Im Zivilprozess stellt ein Privatgutachten kein Beweismittel dar. Die sozialversicherungsrechtliche Rechtsprechung nach BGE 125 V 351 gilt unter dem Anwendungsbereich der ZPO nicht. Parteigutachten haben nicht die Qualität von Beweismitteln, sondern sind blosse Parteibehauptungen. Allerdings ist zu beachten, dass nur Tatsachenbehauptungen bewiesen werden müssen, die ausdrücklich bestritten sind. Bestreitungen sind so konkret zu halten, dass sich bestimmen lässt, welche einzelnen Behauptungen der klagenden Partei damit bestritten werden; die Bestreitung muss ihrem Zweck entsprechend so konkret sein, dass die Gegenpartei weiss, welche einzelne Tatsachenbehauptung sie beweisen muss. Der Grad der Substanziierung einer Behauptung beeinflusst insofern den erforderlichen Grad an Substanziierung einer Bestreitung; je detaillierter einzelne Tatsachen eines gesamten Sachverhalts behauptet werden, desto konkreter muss die Gegenpartei erklären, welche dieser einzelnen Tatsachen sie bestreitet. Je detaillierter mithin ein Parteivortrag ist, desto höher sind die Anforderungen an eine substanziierte Bestreitung. Diese sind zwar tiefer als die Anforderungen an die Substanziierung einer Behauptung; pauschale Bestreitungen reichen indessen nicht aus. Erforderlich ist eine klare Äusserung, dass der Wahrheitsgehalt einer bestimmten und konkreten gegnerischen Behauptung infrage gestellt wird. Parteibehauptungen, denen ein Privatgutachten zugrunde liegt, werden meist besonders substanziiert sein. Entsprechend genügt eine pauschale Bestreitung nicht; die Gegenpartei ist vielmehr gehalten zu substanziieren, welche einzelnen Tatsachen sie konkret bestreitet. Wird jedoch eine Tatsachenbehauptung von der Gegenpartei substanziiert bestritten, so vermögen Parteigutachten als reine
Parteibehauptungen diese allein nicht zu beweisen. Als Parteibehauptungen mögen sie allenfalls zusammen mit - durch Beweismittel nachgewiesenen - Indizien den Beweis zu erbringen. Werden sie aber nicht durch Indizien gestützt, so dürfen sie als bestrittene Behauptungen nicht als erwiesen erachtet werden (zum Ganzen BGE 141 III 437 f. E. 2.6).
Das grundsätzlich anwendbare VVG enthält mit Ausnahme von Art. 87 VVG, der
das selbstständige Forderungsrecht des Begünstigten in der kollektiven Unfall- Krankenversicherung normiert, keine spezifischen Bestimmungen zum Krankentaggeld. Es sind deshalb vorab die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien massgebend, vorliegend also die AVB der Beklagten.
Gemäss Ziff. 7.1.1 AVB gilt als Krankheit eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen psychischen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalls ist und die eine medizinische Untersuchung Behandlung erfordert und eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Unfall Geburt ganz teilweise ausserstande ist, ihren Beruf eine andere zumutbare Erwerbstätigkeit auszuüben. Teilweise Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn eine Arbeitsunfähigkeit von mindestens 25% besteht (Ziff. 7.1.4 AVB). Das versicherte Taggeld wird für die Dauer der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Wartefrist ausgerichtet. Bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit wird das Taggeld entsprechend dem Grad der Arbeitsunfähigkeit ausgerichtet
(Ziff. 7.2.1 Absatz 2 AVB).
Die versicherte Person hat alles zu tun, was zur Leistungsminderung beitragen kann. Die versicherte Person, welche in ihrem ursprünglichen Beruf voraussichtlich voll teilweise arbeitsunfähig bleibt, ist verpflichtet, ihre verbleibende Erwerbstätigkeit in einem anderen Beruf Aufgabenbereich zu verwerten resp. sie hat sich bei der Arbeitslosenversicherung anzumelden. Sympany fordert die versicherte Person unter Ansetzung einer angemessenen Frist auf, die bisherige Tätigkeit anzupassen einen Stellen- resp. Berufswechsel vorzunehmen (Ziff. 8.2 Abs. 1 AVB).
3.
Zur Beurteilung des strittigen Leistungsanspruchs für die Dauer vom 1. April bis
31. Juli 2014 ist zunächst die medizinische Aktenlage zu würdigen.
Im Bericht vom 31. März 2014 führte Dr. C. aus, der Versicherte leide an einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10: F32.1). Er bescheinigte ihm eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit. Aus dem Bericht geht die herausragende Bedeutung des Arbeitsplatzkonflikts hervor. So berichtet Dr. C. , dass eine leichte Verbesserung der depressiven Symptomatik eingetreten sei, jedoch trotz entsprechender Bemühungen des Versicherten "kaum Aussicht auf eine sinnvolle Konfliktlösung am bisherigen Arbeitsplatz" bestehe. Die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit begründete er mit der "sehr ungünstigen Arbeitsplatzsituation". Dass der Arbeitsplatzkonflikt unmittelbar und einzig ursächlich für die geklagten Leiden bzw. depressive Symptomatik ist, geht auch aus der Antwort auf die Frage nach geplanten therapeutischen Massnahmen hervor, in der "mittelfristig" die "Suche eines neuen Arbeitsplatzes" empfohlen wurde. Ausserdem "scheint zurzeit aus gesundheitlichen Gründen" ein Wechsel der Arbeitsstelle "notwendig zu sein" (act. G 9.54 im Verfahren KV-Z 2016/6). Die Bedeutung des Arbeitsplatzkonflikts wird durch die Handnotizen von Dr. D. (act. G 1.45c im Verfahren KV-Z 2017/10) und dessen Schreiben vom 8. Januar 2014 bestätigt. Darin berichtete er, es bestehe eine belastende berufliche Situation "mit konsekutiver Burnout Symptomatik". Entstanden sei ein Konflikt zwischen dem Schulrat und den Lehrern, die neue Unterrichtsformen eingebracht hätten und in der Folge mit Eltern in Konflikte geraten seien (act. G 1.44a im Verfahren KV-Z 2017/10).
Auch den Angaben des Versicherten im Schreiben vom 15. April 2014 lässt sich entnehmen, dass nicht ein eigenständiger Gesundheitsschaden, sondern ein Arbeitsplatzkonflikt im Vordergrund des Arbeitsunfähigkeitsattests von Dr. C. stand. So machte er geltend, "in der jetzigen Situation und beim jetzigen Arbeitgeber ist das [Wiederlangen einer vollen Arbeitsfähigkeit] aber nicht denkbar. Ein Wechsel des Arbeitgebers erfolgt in der Lehrerbranche immer auf Beginn des neuen Schuljahres Semesters. Insofern bin ich im Moment gebunden" (act. G 9.56 KV-Z 2016/6). Aus diesen Überlegungen lässt sich zudem der Schluss ziehen, dass die Arbeitsunfähigkeitsatteste darauf abzielten, während der bis Ende des Schuljahres verbliebenen Dauer allein wegen des Arbeitsplatzkonflikts nicht mehr am Arbeitsplatz erscheinen zu müssen, und sie nicht Ausfluss krankheitsbedingter
Funktionsbeeinträchtigungen für die Tätigkeit als Lehrperson sind, zumal mit den Schülern gemäss Dr. D. ein gutes Einvernehmen bestand (act. G 1.45c im Verfahren KV-Z 2017/10). Dass ab April 2014 noch eine psychiatrische Therapie stattgefunden hätte, die Rückschlüsse auf einen subjektiven Leidensdruck zulassen würde, ist nicht belegt (vgl. dazu auch die lediglich 2 kurzen Behandlungseinträge von Dr. C. vom
28. April und 19. Mai 2014, act. G 1.44i, S. 3, im Verfahren KV-Z 2017/10). Hinzu kommt, dass der Versicherte offenbar ohne weiteres in der Lage war, zumindest mehrere Tage im Ausland zu verbringen (Schreiben vom 15. April 2014, act. G 9.56 im Verfahren KV-Z 2016/6).
Nichts anderes geht aus der Beurteilung von Dr. E. hervor. Beim Befund weist er darauf hin, dass das formale Denken des Versicherten eingeengt auf die eskalierte Situation an der Schule sei, wobei er sich ungerecht behandelt fühle. Die Kritik des Schulrates und der Eltern von Schülern habe er als persönlichen Angriff auf seine Integrität empfunden. Er habe sich gekränkt und ausgelaugt gefühlt. Eine Rückkehr an den alten Schulort halte der Versicherte für unmöglich (act. G 9.57 im Verfahren KV-
Z 2016/6). Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen und der tatsächlichen Umstände, wie sie vom Dr. C. und dem Versicherten selbst geschildert wurden (siehe vorstehende E. 3.2 f.), ist der Schluss von Dr. E. nicht nachvollziehbar, dass ein von den vom Versicherten empfundenen Belastungen am Arbeitsplatz unabhängiger Gesundheitsschaden bestehe und zu einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit für "jede andere Tätigkeit" geführt habe. Bei der Bescheinigung einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit für jegliche Tätigkeit handelt es sich um eine gerichtsnotorisch apodiktische Beurteilung von Dr. E. zugunsten von Versicherten (vgl. auch den Entscheid des Versicherungsgerichts vom 17. September 2018, KV-Z 2016/6, E. 3.2.1), die namentlich im Widerspruch zu den erfolgreichen Bewerbungsbemühungen des Versicherten steht, die in einer ab August 2014 beginnenden Anstellung als "Schulleiter Stv." in einer anderen Schulgemeinde mit einem 80%igen Pensum mündeten (act.
G 9.57 im Verfahren KV-Z 2016/6). Dabei gilt es zu beachten, dass die Stellenzusage
offenbar bereits Mitte Mai 2014 erfolgte (siehe die Handnotizen von Dr. C. vom
19. Mai 2014, act. G 1.44i, S. 3, im Verfahren KV-Z 2017/10). Ergänzend kann auf die schlüssig begründete Stellungnahme von Dr. F. vom 19. Juli 2014 (act. G 9.58 im Verfahren KV-Z 2016/6) verwiesen werden.
Die Frage, ob die Wiederaufnahme der Tätigkeit am bisherigen Arbeitsplatz aus krankheitsfremden arbeitsmässigen Gesichtspunkten dem Versicherten nicht mehr zumutbar gewesen ist, bildet nicht Gegenstand des vorliegenden Streits. Nicht Zweck einer Krankentaggeldversicherung ist es, Arbeitsausfälle zu entschädigen, die nicht auf ein versichertes Risiko (siehe hierzu vorstehende E. 2.6.1), sondern ausschliesslich auf nicht (mehr) krankheitswertige Folgen begründende Arbeitsplatzkonflikte von den Versicherten empfundene Kränkungen zurückzuführen sind. Die Klägerin bestreitet, dass die Krankschreibung im Zusammenhang mit einem Arbeitsplatzkonflikt erfolgt sei, und beantragt, "sollte das Gericht Feststellungen zum Arbeitsverhältnis, zum Konflikt zwischen Schulleitung und Schulrat für relevant erachten", sei ihr Frist zur detaillierten Stellungnahme anzusetzen (act. G 9, Rz 2 f.). Wie aus den vorstehenden E. 3.2 ff. deutlich hervorgeht, fühlte sich der Versicherte durch die Situation am Arbeitsplatz belastet. Er empfand diese als konfliktträchtig und fühlte sich gekränkt. Das Ausmass des Arbeitsplatzkonflikts spielt für die vorliegende Beurteilung keine Rolle. Denn jedenfalls ist ein eigenständiger medizinischer Gesundheitsschaden spätestens ab
1. April 2014 nicht (mehr) dargetan. Weitere Ausführungen der Klägerin zum Arbeitsverhältnis sowie zum Konflikt zwischen Schulleitung und Schulrat sind daher von vornherein für den vorliegend umstrittenen Taggeldanspruch nicht relevant, weshalb darauf zu verzichten ist. Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass sich auch aus der Stellungnahme der Klägerin im Verfahren KV-Z 2017/9 zum Arbeitsplatzkonflikt (act. G 21 im Verfahren KV-Z 2017/9) für das vorliegende Verfahren keine relevanten Erkenntnisse ergeben bzw. Rückschlüsse ziehen lassen.
Nach dem Gesagten ist spätestens per 1. April 2014 eine durch einen krankheitsbedingten Gesundheitsschaden bedingte Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr dargetan. Selbst wenn im Übrigen davon ausgegangen würde, eine vollständige Arbeitsfähigkeit ab 1. April 2014 sei nicht bewiesen, änderte diese nichts am fehlenden Taggeldanspruch des Versicherten ab diesem Zeitpunkt. Denn auch diesfalls ist eine taggeldbegründende Arbeitsunfähigkeit ab 1. April 2014 nicht rechtsgenüglich erstellt. Die Folgen dieser Beweislosigkeit hätte der Versicherte bzw. die Klägerin zu tragen. Von weiteren Abklärungen könnten in antizipierender Beweiswürdigung keine zusätzlichen entscheidwesentlichen Erkenntnisse mehr erwartet werden, nachdem die Symptomatik offenbar selbst nach der Sichtweise der
Klägerin spätestens per 31. Juli 2014 abgeklungen war (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 16. Februar 2017, 4A_445/2016, E. 4.3).
4.
Nach dem Gesagten ist die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 114 lit. e ZPO).
Die unterliegende Klägerin hat ausgangsgemäss keinen Anspruch auf eine
Parteientschädigung (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts hat im Bereich der Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung der obsiegende Versicherungsträger Anspruch auf eine Parteientschädigung, falls er durch einen externen Anwalt vertreten ist (Urteil des Bundesgerichtes vom 17. November 2010, 4A_194/2010, E. 2.2.1, nicht publiziert in: BGE 137 III 47; Urteil des Bundesgerichts vom 9. Januar 2001, 5C.244/2000, E. 5 mit Hinweisen). Dies ist vorliegend nicht der Fall, weshalb die Beklagte keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung hat.
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 14 des sankt-gallischen Reglements über Organisation und Geschäftsgang des Versicherungsgerichtes (OrgR; sGS 941.114)
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die Anträge der Parteien auf eine Parteientschädigung werden abgewiesen.
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